KI im E-Mail-Marketing: Der Stand der Dinge 2024.

Technologien auf Basis künstlicher Intelligenz (KI) nehmen uns immer mehr Arbeit ab. Und eröffnet Unternehmen neue Spielräume für Wachstum. Wir zeigen Ihnen, wo KI im E-Mail-Marketing längst Einzug gehalten hat. Und welche Innovationen zu erwarten sind. 

Die Entwicklung mehr oder minder sinnvoller Lösungen auf Basis von KI schreitet zügig voran. Zumindest in der Theorie. Selbstfahrende Autos sind noch weit vom Massenbetrieb entfernt. Doch selbst KI-Tools zur Bewältigung simpler Marketingaufgaben sind nicht so zuverlässig, wie es die Anbieter behaupten.

Werbeversprechen sind das eine – Praxistauglichkeit das andere. Für Sie stellt sich vermutlich die Frage, in welchen Bereichen es tatsächlich bereits nützliche Anwendungen gibt, die auch funktionieren.

Künstliche Intelligenz (KI bzw. AI) ist ein Teilgebiet der Informatik und der Versuch, bestimmte Fähigkeiten und Entscheidungsstrukturen des Menschen nachzubilden. Da der Begriff nicht eindeutig abgrenzbar ist, betrachten wir drei für das Marketing besonders wichtige Teilgebiete: Machine Learning, Deep Learning und NLP.

Wenn wir von KI sprechen, dann meinen wir normalerweise maschinelles Lernen. Der Begriff beschreibt ein Teilgebiet der künstlichen Intelligenz. Durch das Erkennen von Mustern in Datenbeständen sind entsprechende KI-Systeme in der Lage, eigenständig Lösungen für Probleme zu finden. Dazu greifen sie, ähnlich wie der Mensch, auf einen Erfahrungsschatz zurück. So wie zum Beispiel eine App, welche Ihnen auf Basis Ihrer Vorlieben in der Vergangenheit, Kinofilme vorschlägt.

Wie funktioniert KI?

Maschine Learning vs. Deep Learning

Ein Teilgebiet des Machine Learnings ist unter dem Begriff Deep Learning bekannt. Maschinelles Lernen nutzt hierarchische Strukturen, welche an den Aufbau menschlicher Nervenzellen (Neuronen) erinnern. Künstliche neuronale Netze machen es möglich, eine Komplexität von bis zu hundert Millionen einzelnen Parametern und zehn Milliarden Rechenoperationen auf einmal zu verarbeiten. Das Problem: Die Entstehung des Outputs ist für den Menschen kaum noch nachvollziehbar.

ki Teilgebiete

NLP (Natural Language Processing)

Natural language processing bzw. Computerlinguistik hat sich unabhängig von der KI entwickelt. NLP beschäftigt sich mit den Möglichkeiten, natürliche Sprache mithilfe von Algorithmen zu verarbeiten. Erst maschinelles Lernen verhalf NLP zu einem großen Entwicklungssprung, obwohl eingesetzte Algorithmen simpler gestrickt sind als traditionelles NLP. Sie beschränken sich darauf, Muster auf Wortebene zu identifizieren. Syntax und Semantik spielen dabei keine große Rolle mehr.

Formen des maschinellen Lernens

Im Allgemeinen werden drei Formen des maschinellen Lernens (Machine Learning) unterschieden

				
					Überwachtes Lernen
Unüberwachtes Lernen
Selbstverstärkendes Lernen
				
			

Die nicht überwachte Form des Machine Learnings wird üblicherweise dazu eingesetzt, versteckte Muster in großen Datenmengen zu identifizieren und sogenannte “Daten-Cluster” zu ermitteln. Dabei bleibt das Ergebnis stets offen. Man weiß also nie, was am Ende rauskommt.

Überwachtes Lernen bedeutet, dass ein KI-Modell bereits im Vorwege mit Daten trainiert wird. Zum Beispiel mit Bildern von Produkten verknüpft mit der zugehörigen Bezeichnung („Label“). Einmal angelernt, kann so ein Modell eigenständig Zuordnungen vornehmen. d. h. zum Beispiel Produkte anhand eines Fotos erkennen. Dabei helfen sogenannte Prospensity Models (prospense = neigen). Sie deuten an, wie wahrscheinlich der Eintritt eines bestimmten Ereignisses in der Zukunft ist.

Bestärkendes Lernen geht noch einen Schritt weiter. Man spricht hier von Systemen, die eigenständig eine langfristige Strategie erlernen. Dazu werden Agenten (eigenständige Softwareprogramme) darauf angesetzt, per Trial-and-Error zu erlernen, welche Folgen eine Aktion innerhalb einer bestimmten Situation hat.

Formen von Analytics

Im Marketing begnügt man sich meistens mit dem Betrachten der Vergangenheit. Im Fachjargon spricht man dann von Analytics bzw. Descriptive Analytics: Wer sind die bis dato ertragreichsten Kunden? Welcher Newsletter am besten performt? Wie groß sind die Akquisekosten? Alles schön und gut. Doch inwiefern sind solche Erkenntnisse tatsächlich hilfreich, wenn die Realität komplex ist?

Predictive Analytics geht einen großen Schritt weiter, denn es wagt einen Blick in die Zukunft. Was für Kundensegmente gibt es noch? Welches Potenzial haben diese Segmente? Welche Stellschraube eignet sich am besten, um zum Beispiel die Akquisekosten zu verringern? Mehr über Predictive Analytics erfahren Sie hier.

Prescriptive Analytics beschreibt die Zukunft quasi von der anderen Seite: Auf Basis eines gewünschten Ziels (zum Beispiel Kundenakquisekosten halbieren) ermittelt ein Algorithmus mögliche Handlungsoptionen – inklusive deren Eintrittswahrscheinlichkeit und möglichen Risiken. Prescriptive Analytics ermöglicht es folglich, Marketingprozess weitgehend zu automatisieren.

Marketing Analytics

Predictive und Prescriptive Analytics haben zwar einen unterschiedlichen Fokus, aber gehören für mich dennoch zusammen. Letztlich geht es ja immer um eine Vorhersage. Rein technisch gesehen ist der Unterschied ebenfalls marginal. Insofern gilt: Sprechen wir von Predictive Marketing, umfasst das stets beide Ausrichtungen.

Generative KI

Spätestens seit 2023 ist Generative KI in aller Munde. Vor allem ChatGPT ist das Gesprächsthema bei Jung und Alt. Parallel dazu erscheinen fast täglich Tools, die aus Texten, Bilder, Videos und Audioinhalten neue Texte, Bilder, Videos und Audioinhalte generieren können. Daraus ergeben sich unzählige Einsatzszenarien, von denen wir uns heute viele noch gar nicht vorstellen können.

KI im praktischen Einsatz

Nicht überall, wo KI draufsteht, ist auch KI drin. Und für viele Aufgaben ist das menschliche Gehirn durch nichts zu ersetzen. (Zum Glück!)

Dennoch gibt es sie – Einsatzszenarien, in denen sich KI längst bewährt hat und regelmäßig Tausende Arbeitsstunden erspart.

Content Creation

Tools wie ChatGPT, Jasper oder Copymatic helfen Content Managern bei der Produktion von Textinhalten. Ohne manuelles Nachbearbeiten geht es jedoch nicht: Die generierten Inhalte sind selten in der Lage, einen User mitzureißen. Auch produziert Generative KI regelmäßig Falschinformationen („Hallucinating“). Deshalb nutzen Content Creator entsprechende Tools aktuell vor allem als „Buddy“ zur Ideenfindung.

Wirklich hilfreich sind KI-Tools zum Nachbearbeiten von Grafiken und Videos. Zum Beispiel zum Freistellen oder Einfärben von Inhalten. Aber auch, um nachträglich die Auflösung bzw. Informationstiefe von Bildern und Videos zu vergrößern.

Im E-Mail-Marketing gibt es ein zweites wichtiges Einsatzszenario von Large Language Models (LLM): Die Generierung von Betreffzeilen und Headlines. Insbesondere um schnell und kostengünstig Varianten für A/B-Tests zu erstellen.

Tagging

Das Verschlagworten von Texten, Bildern und Videos ist mit entsprechenden Tools ziemlich ausgereift. Das kann überaus hilfreich sein, um große Mengen an Media Assets zu kategorisieren. Beispiel: TextRazor

Buyer Personas identifizieren

Mithilfe spezieller KI-Software lassen sich die wichtigsten Buyer Personas identifizieren. Inklusive allen wichtigen Metriken wie Umsatz, Kundenlebenszeit, Akquisekosten und so weiter. Beispiel: APG

Aber auch Produktideen und Trends lassen sich aus Kunden- und Transaktionsdaten herauslesen. Das ermöglicht das Aufsetzen von Angeboten für neuartige Zielgruppen wie „Yoga Mums“.

Conversion- bzw. Kaufwahrscheinlichkeit berechnen

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter User zu einem bestimmten Zeitpunkt etwas kauft? Wer die Antwort kennt, kann sehr erfolgreiche Kampagnen aufsetzen. Oder automatische E-Mail-Abfolgen (Drip Campaigns) einrichten. Die Kaufwahrscheinlichkeit hilft aber auch bei der Bestimmung des optimalen Versandzeitpunkts. Wie erfolgreich Vorhersagen sind, hängt vom Predictive Modelling ab.

Sentimentanalyse

Natural Language Processing (NLP) kann dazu eingesetzt werden, die Stimmung eines Kunden zu analysieren. Das bedeutet: Eine KI wertet unstrukturierte Daten aus, beispielsweise Tausende von Kommentaren oder Nachrichten auf Social Media.

Das Ergebnis wiederum wird strukturiert und lässt Stimmungen und Meinungen der Menschen zu bestimmten Themen erkennen. Darauf basierend können Unternehmen schneller reagieren – beispielsweise noch bevor sich aus unzufriedenen Kommentaren ein Shitstorm entwickeln kann.

Preise optimieren

Die Kaufwahrscheinlichkeit hängt natürlich auch mit dem Pricing zusammen. Manche Unternehmen experimentieren deshalb bereits mit dynamischen Preisen. Entsprechende KI-Löungen helfen dabei. Beispiel: Yeldigo

Fazit

KI im E-Mail-Marketing hat viele Gesichter. Aber nicht alles funktioniert, wie es die Anbieter von Lösungen in ihren Hochglanzprospekten versprechen. Für einige Aufgaben sind KI und Machine Learning jedoch längst unverzichtbar. Vor allem bei der Bearbeitung von Grafiken und Videos. Und zur Generierung von Betreffzeilen.
Frank Rix
Gründer von dialogue1

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