Ein Blick ins eigene Postfach zeigt: Die abonnierten E-Mails der allermeisten Brands sind langweilig. Wer wundert sich dann noch über sinkende Öffnungsraten und inaktiven Abonnenten. Doch warum verharren dennoch so viele bei konventionellem Newsletter-Marketing?
Was ist Newsletter-Marketing?
Newsletter-Marketing ist die ursprüngliche Form des E-Mail-Marketings: User registrieren sich für einen periodisch erscheinenden Service, über den sich über Neuigkeiten informiert werden. Der Inhalt ist klar strukturiert und erinnert an die Form des traditionellen Blogs.
Diese „News“ sind in vielen Newslettern mittlerweile durch Produkte ersetzt worden. Und es gibt so etwas wie Sonder-Newsletter. Vor allem im B2C E-Commerce ist Newsletter-Marketing häufig auf kurzfristigen Profit ausgelegt.
Vorteile Newsletter-Marketing
Natürlich hat es zahlreiche Gründe, warum so viele an herkömmlichen Newsletter-Marketing festhalten.
- Keine besonderen Vorkenntnisse notwendig
- Geringer Zeitaufwand
- Geringe Kosten für Technologie
- Bedarf keiner speziellen Planung und Strategie
- Messbare Ergebnisse
Das Problem
Offensive Werbung per E-Mail mag bei neuen Abonnenten durchaus viel Umsatz generieren. Aber früher oder später melden sich die Kontakte wieder ab oder werden inaktiv. Weil sie sich nicht ernst genommen fühlen.
Vielen Versendern scheint das egal zu sein, weil sich ja immer wieder neue Abonnenten finden. Was so eine „Engagement Attrition“ kostet, fragt niemand nach. Dabei wissen wir alle, dass Engagement ein sehr wichtiger Faktor in Bezug auf Zustellbarkeit ist. Hinzu kommt ein Imageschaden sowie der Verlust potenzieller Fans und Fürsprecher.
Es geht auch anders.
Richtiges E-Mail-Marketing stellt nicht den Absender in den Mittelpunkt, sondern den Kunden. Anstatt in einem starren Schema Bauchladen-Newsletter zu versenden, versuchen Marketing und CRM Manager immer häufiger, ihre E-Mails zu personalisieren. Um Kunden maßgeschneiderte Inhalte zum optimalen Zeitpunkt bereitzustellen. Und so für ein perfekte CX zu sorgen.
Vor allem Anbieter von Produkten mit
- langer Customer Journey,
- langem Kaufintervall und
- unregelmäßiger Kauffrequenz
sollten sich Gedanken machen, ob ihr Newsletter-Marketing noch zeitgemäß ist. Zum Beispiel Anbieter von Fernreisen, Fertighäusern oder Lebensversicherungen.
Nachhaltig erfolgreiches E-Mail-Marketing berücksichtigt den vollständigen Kundenlebenszyklus und sorgt so für eine stabile Beziehung zum Kunden. Newsletter-Abonnenten sollen gar nicht erst inaktiv werden. Dabei helfen personalisierte Angebote. Aber auch Content in seinen unterschiedlichen Ausprägungen.
Für einen solchen Dialog steht das Kreislaufmodell („Marketing Flywheel“), welches im Gegensatz zu vorherrschenden Funnel-Modellen einen fortwährenden Prozess beschreibt.
Wie sieht es im B2B-Marketing aus?
Im B2B ist das E-Mail-Marketing oft schon weiter. Zur Generierung von Nachfrage (“Demand Generation”) für teure und erklärungsbedürftige Produkte wird vor allem auf die Prinzipien des Inbound-Marketings gesetzt. Eine wesentliche Rolle spielt also Content entlang der Customer Journey. Den herkömmlichen Newsletter findet man in der B2B-Kommunikation immer seltener.
Status Quo im B2C-Marketing
Wie bereits erwähnt, dominiert im B2C-Marketing offensive Werbung. Versender gehen davon aus, dass sich der Kunde am Ende des Verkaufstrichters („Bottom of the Funnel“) befindet.
Für einige Produktkategorien mit kurzem Kaufintervall und vielen Impulskäufen (z. B. Fast Fashion) funktioniert das sicher gut. Eigentümlicher Weise setzen aber auch Anbieter von Weltreisen oder Designer-Möbel auf so eine Strategie.
Auf der anderen Seite jammern viele Email Marketer über inaktive Kontakte. Und hoffen inbrünstig, dass sie sich eines Tages wieder zurückmelden werden. Tatsächlich gelingt das nur sehr selten. Auch aufwendige Reaktivierungskampagnen sind fast nie mit Erfolg gekrönt.
Ursache für das „Einschlafen“ von Newsletter-Abonnenten sind vielfältig. Häufig besteht einfach kein Interesse an dem Angebot. Als Reaktion bombardieren die Versender dann die Abonnenten dann mit Gutscheinen. Das diese Strategie nicht aufgeht, sollte jedem klar sein.
Besonders schwer haben es Anbieter von Warengruppen, die eh nur selten erworben werden oder das Interesse an ihnen auch mal jahrelang ruht. denken wir an einen Anbieter von Motorradzubehör. Bekommt ein Biker-Haushalt Nachwuchs, wird das Hobby oft für ein paar Jahre an den Nagel gehängt. Mit der Marke in Kontakt zu bleiben, will der Kunde aber schon gerne.
Engagement Attrition und List Churn
Das Phänomen ist lange bekannt. Ab dem Tag der Newsletter-Registrierung sinkt das Engagement fast stetig. Je nach Branche um 5% bis 25% je Jahr. Bis der Abonnent irgendwann inaktiv (Opaque Churn) ist oder sich abmeldet (Transparent Churn). Je langweiliger die E-Mails sind, desto schneller schreitet der Prozess voran. Man spricht hier auch von List Churn.
Dieser „Schwund“ kann nicht nur Zustellprobleme verursachen, sondern hat auch Einfluss auf Conversions und somit auf den Umsatz. Engagement Attrition ist nämlich fast immer Customer Attrition. Vor allem, wenn die E-Mail der wichtigste Kanal zur Kundenbindung ist.
Was bringt Content im E-Mail-Marketing?
Der Nutzen von Content im B2C-E-Mail-Marketing wird allzu oft unterschätzt. Trotz überzeugender Argumente.
- Content hilft dabei, den Kontakt zum Kunden aufrechtzuerhalten. Auch wenn dieser temporär als Kunde ausfällt. Sei es aus finanziellen, zeitlichen, gesundheitlichen oder familiären Gründen. Zum Beispiel mittels News-Content oder Unterhaltung.
- Content hilft dabei, den Kunden entlang der Kundenreise zu unterstützen. Zum Beispiel durch Inspiration und Wissenstransfer.
- Content hilft dabei, Sales-Inhalte in einer E-Mail aufzulockern und so für Abwechslung zu sorgen.
- Content stärkt die Marke. Nicht zuletzt in Bezug auf den Service-Gedanken und Thought Leadership.
- Content hilft dabei, mehr über den Kunden zu erfahren. Geklickte Inhalte verkaufen zwar nicht unbedingt etwas. Aber dafür lernt man etwas über seine Interessen und Intentionen. Für datengetriebenes Marketing ist das extrem wichtig.
Customer Journey vs. Customer Lifecycle
Ganzheitliches E-Mail-Marketing bedeutet, die Customer Experience entlang der gesamten Reise eines Kunden zun optimieren. Dabei helfen zwei Konzepte: Customer Lifecycle und Customer Journey. Die Begriffe werden häufig synonym verwendet. Die Hauptunterschiede zwischen den beiden Konzepzen sind:
- Betrachtungsbereich: Der Kundenlebenszyklus konzentriert sich auf die verschiedenen Phasen, die ein Kunde durchläuft, von der ersten Aufmerksamkeit bis zur Interessenvertretung, während sich die Customer Journey auf die einzelnen Berührungspunkte und Erfahrungen konzentriert, die ein Kunde mit dem Unternehmen macht.
- Zeitrahmen: Ein Kundenlebenszyklus ist ein langfristiger Ansatz, während die Customer Journey unmittelbarer ist und sich auf das aktuelle Erlebnis konzentriert.
- Ziel: Der Schwerpunkt liegt in erster Linie auf der Maximierung des Kundenwerts und der Kundenbindung, während die Customer Journey auf die Verbesserung des Kundenerlebnisses und der Kundenzufriedenheit ausgerichtet ist.
- Perspektive: Der Customer Lifecycle liegt die Perspektive des Unternehmens zugrunde. Die Customer Journey hingegen basiert auf die Perspektive des Kunden.
Zusammenfassend ist der Kundenlebenszyklus eine allgemeine Sicht auf die Kundenbeziehung, während die Customer Journey eine detailliertere Sicht auf das Kundenerlebnis ist. Für Unternehmen ist es wichtig, beide Konzepte zu verstehen, sie dienen jedoch unterschiedlichen Zwecken.
Handlungsempfehlungen
Strategie entwickeln
Holistische E-Mail-Marketing basiert auf einer kundenzentrierten Strategie. Um diese zu entwickeln, sollten Sie im Vorwege eine Customer Journey Map ausarbeiten. Ergänzend kann eine Content Map nach folgendem Muster hilfreich sein. Für die Content-Produktion bauen Sie am besten inhouse ein Team zusammen, welches hochwertige Texte, Bilder, Videos oder Podcaststs produziert.
Taktiken erarbeiten
- Erstellen Sie reine Content Mails für nicht kaufbereite Kunden. Zum Beispiel für die Nachkaufphase.
- Versuchen Sie auf diese Weise, erneute Kaufbereitschaft rechtzeitig zu ermitteln
Nutzen Sie solche E-Mails auch zum Stärken Ihrer Marke (Thought Leadership.) - Platzieren Sie auch in Promotional Emails einzelne Content-Blöcke oder -Rubriken, um Kaufunwillige aufzufangen und die E-Mail aufzulockern.
- Setzen Sie vor allem in Onboarding-Serien eine Mischung aus Promotion und Content, um Signale für Kaufbereitschaft zu erkennen.
- Nutzen Sie Methoden des Nudging und Storytellings, um ihre E-Mails mit Leben zu füllen. Setzen Sie Erzählungen ruhig mit jeder E-Mail fort, um Kunden zu fesseln.
- Ermöglichen Sie auf Basis des Klickverhaltens eine Segmentierung der Kunden. Dabei helfen z.B. Propensity Models.
Die Balance zwischen Akquise und Retention muss entlang der Customer Journey immer wieder angepasst werden. Auch wenn es schwerfällt.