Customer Data Platform – Hype oder Must-Have?

Seit einigen Jahren tragen eine Vielzahl Anbieter Software mit dem Label „Customer Data Platform“ als das neue Must-Have durch den Markt. Das Versprechen lautet: Alles in einer Software für personalisierte Kundenkommunikation in Echtzeit.

Die Notwendigkeit ist schnell klar, denn das Marketing Prinzip:

Die richtige Botschaft an die richtige Person zum richtigen Zeitpunkt.

  • Die richtigen Daten zum richtigen System in Echtzeit.
  • Und jedes Mal die richtige personenbezogene Identität an jedes System.

Noch ein System fürs Marketing – im Ernst?

Bevor Software mit dem Namen Customer Data Platform auf den Markt kam, war eine personalisierte Ansprache von Personen möglich. Dafür musste:

  • ein Marketing Data Warehouse zusammen mit einer
  • Analyseumgebung und einem Selektionswerkzeug

Zum gewählten Zeitpunkt das E-Mail System, die Call Center Software, das Druckband für Mailings und Kataloge und den SMS Service mit Aussendung der Botschaften losschickte.
Daneben konnte man mit separaten Tools die Webseite personalisieren.

Das Manko: Je mehr Tools und Software miteinander im Ablauf abgestimmt arbeiten müssen, desto komplexer wird der Datenaustausch zwischen den Systemen.
Die Herausforderung im digitalen Zeitalter: es muss immer schneller gehen. Was vor Kurzem noch mit einer täglichen Datenaktualisierung schnell genug war, muss heute immer häufiger in Echtzeit erfolgen.

Dem Mobiltelefon sei Dank. Internet, Apps von Anbietern, E-Mails und das Telefon sind nur ein Tippen mit dem Finger voneinander entfernt. Die Daten für eine personalisierte Kommunikation müssen genauso schnell fließen…

Was ist eine Customer Data Platform?

Eine CDP ist eine standardisierte Software, die Funktionalitäten eines Marketing Data Warehouses, eines Analysetools und einer Kampagnenautomation in sich vereint.

Sie ist in der Lage, Verhaltens- und Aktivitätsdaten eines individuellen Kunden zusammen zu fügen:

Das kann

  • das Klickverhalten auf der Webseite sein,
  • das Verhalten und alle Aktivitäten im E-Shop
  • oder in der App oder auch
  • das Interesse an und Reaktionen auf die Inhalte erhaltener Marketingkampagnen.

All diese Informationen stehen dem Marketer in einem Tool zur Verfügung, um analytisch zu ermitteln, welche Botschaft über welchen Kanal als nächstes für den Kunden relevant und für das Kommunikationsziel sinnvoll ist.

CDP Module

Wo auch immer der Kunde gerade ist

Wenn die Entscheidung gefallen ist, welche Botschaft den Kunden erreichen soll, bleibt noch zu klären, über welchen Kanal sie ihn erreicht. Bei dieser Entscheidung spielt eine Rolle, welche Kommunikationskanäle der Kunde erlaubt, wie wahrscheinlich meine Botschaft über einen Kanal Beachtung findet und wie viel mich die Nachricht kosten darf.

Ein dickes Plus einer „Customer Data Platform“ ist die Möglichkeit, Botschaften über viele Kanäle aussteuern zu können:

  • E-Mail
  • SMS
  • Push Nachricht via Mobile oder im Browser (WPN)
  • Als Gespräch mit dem Kundenservice über die Call Center Software
  • Mailings oder Kataloge

Manche CDP sind auch in der Lage, personalisierte Anzeigen an Facebook oder an Google Adwords zu übergeben.
Und dabei die Werbeeinwilligungen, Präferenzen und Kosten zu berücksichtigen.

Für den Kampagnenmanager eröffnet das die Möglichkeit eine Kampagne über alle Kanäle hinweg zu steuern. Das erspart viel Abstimmungsaufwand zwischen den Verantwortlichen für einen Kanal.

Datentausch – ja bitte

Letztendlich ist die CDP trotz aller Bündelung von Funktionalitäten ein weiteres Werkzeug in der IT Landschaft. Da war doch was mit Komplexität im Datenaustausch…

Ja, es ist ein weiteres System, aber sie macht es der IT leicht. Einfach schon aus Eigeninteresse, denn sie lebt vom nimmer endenden Datenfluss aus und hin zu vielerlei Systemen. Und folgt damit der „Open Garden Philosophie“. Wie auch ein Data Warehouse.

Diese Philosophie steht im Gegensatz zur „Walled Garden Philosophie“ der großen Plattformen wie Google oder Facebook, mit denen ein Datenaustausch nur sehr eingeschränkt möglich ist.

Schnell – Schneller – Echtzeit

Das Zusammenführen der Kundeninformationen mit den Funktionalitäten der Kampagnenautomation eröffnet die Möglichkeit, Kommunikation in Echtzeit zu realisieren.

Nehmen wir als Beispiel die omnipräsenten Einladungen zum Newsletter.

Meinem Lieblingsanbieter ist doch bekannt, dass ich beim Newsletter angemeldet bin, so steht es in meinen Kundendaten im Bereich „Werbeeinwilligungen“. Surfe ich nun auf der Seite meines Lieblingsanbieters, dann weiß die Webseite von der „Costumer Data Platform“ in Echtzeit, dass sie das Pop-up Fenster „5 EUR Gutschein für Ihre Newsletteranmeldung“ jetzt besser nicht aktiviert.

Kleine Änderung, große Wirkung in meinem Erleben auf der Webseite.

Alles in einer Software – wo sind die Grenzen

Wenn man schnell laufen will, sollte man so wenig Gepäck als möglich mitnehmen. So ist es auch bei Software… Das belastende Gepäck in einer Software, die darauf ausgerichtet ist, blitzschnell Entscheidungen zu treffen und Aktionen auszuspielen ist die Menge der Daten, die sie hält. Deshalb stehen in einer „Customer Data Platform“ strukturierte Kundendaten zumeist nur aus dem Zeitraum der letzten 6 Monate zur Verfügung.

Nun reicht aber ein Zeitraum von einigen Monaten nicht aus, um einen Kundenwert zu berechnen. Oder um zu erkennen, dass ein Kunde abwanderungsgefährdet ist.

Deshalb ist es ratsam, ein Data Warehouse mit einer 360° Single-Customer-View als Langzeitgedächtnis und analytische Schatzkammer zusammen mit einer “Customer Data Platform” zu unterhalten.

Auch strategische Analysen gehören in ein Data Warehouse und nicht in eine CDP.

  • Analysen zum Wert und zur nachhaltigen Entwicklung des Kundenbestands.
  • Personas und Kundenprofile
  • Die Entscheidung, zu welchen Teilen das Marketingbudget für die Neukundengewinnung, die Kundenaktivierung und -bindung und für die Wiedergewinnung verlorener Kunden eingesetzt werden soll.
  • Wie das Angebotsportfolios weiterentwickelt werden soll.
DWH und CDP

Der wertvollste Schatz – First Party Data

Daten, die bislang über den Einsatz von Third Party Cookies entstanden und genutzt werden konnten, stehen immer weniger zur Verfügung. Bislang waren sie ein wichtiger Baustein in der Neukundenakquise.

Umso wertvoller werden eigene Daten, also First Party Data auch für die digitale Neukundenakquise. Bildet man aus seinen besten Kunden ein Segment, lässt es sich als Zielbild online einsetzen, um ähnliche Kunden zu finden.

Die CDP ist beim Mehren dieses Schatzes ein sehr hilfreiches Werkzeug, da sie schnell und dank Automation in sehr großer Menge First Party Daten aus der personalisierten Kommunikation generiert.

Dafür vergibt die CDP eine personenbezogene Codierung, auch Tracking genannt, an jede ausgehende Botschaft. Dieses Tracking ermöglicht die schnelle und einfache Zusammenführung der Daten zum Verhalten und zu den Aktivitäten jedes einzelnen Kunden.

Davon profitiert auch die Marketingstrategie:

Überführt man die personenbezogenen Verhaltens- und Aktivitätendaten der Kunden in das Langzeitgedächtnis Data Warehouse, bringen sie dort Markt- und Kundenorientierung in die Kernfragestellung

An wen verkaufen wir was und wie tun wir das?

Was Kunden erwarten

Immer mehr wird digital gekauft. Ein Anbieter muss im digitalen Verkauf einfach schnell sein in seiner Kommunikation, um den Zuschlag zu bekommen. Der digitale Verkauf hebt Unterschiede zwischen B2C und B2B immer mehr auf.

In der Erwartungshaltung von Kunden, die richtige Botschaft zum richtigen Zeitpunkt zu bekommen, gibt es kaum mehr einen Unterschied.

Was die CDP an Funktionalität in sich vereint, ist deshalb grundsätzlich gleichermaßen relevant für B2B und B2C.

CDP als Lösung für alle und alles?

Im B2C wird mit der Vorstellung gearbeitet, einen 1:1 Dialog zu führen mit Kunden, die alleinige Entscheider über einen Kauf sind. Zumeist handelt es sich um Käufe von Konsumgütern, viele davon Impulskäufe.

Heute werden CDPs messbar erfolgreich in Unternehmen eingesetzt, die an sehr viele Endkunden verkaufen und deutlich sechsstellige Webseitenbesuche pro Monat aufweisen. Da bringt der personalisierte Dialog den gewünschten zusätzlichen Umsatz.

Im B2B hingegen sind am Entscheidungsprozess eines Kaufs zumeist mehrere Personen beteiligt. Der oder die Entscheider können die Abwicklung des Kaufs auch delegieren.

Für solche Konstellationen haben CDPs (noch) keine gute Lösung.

B2B – für jeden gibt es eine Lösung

Ein einfaches Beispiel: Beim Kauf einer Maschine ist der Experte, der die Maschine benötigt und der Einkäufer, der sich um den kaufmännischen Part der Anschaffung kümmert an der Entscheidung beteiligt. Als Maschinen Anbieter möchte ich beide mit für sie relevanten Informationen versorgen.

Dafür ist es wichtig, die Beziehungen zwischen Personen in einer Organisation abbilden zu können. Und ein Kauf sollte allen am Entscheidungsprozess beteiligten Personen zugeordnet sein zusammen mit der Information, welche Rolle sie bei der Entscheidung spielen.

Die Beziehungen zwischen Personen lassen sich im Data Warehouse abbilden. Unser Maschinenexperte trägt dann die Information, Mitentscheider am Kauf der Maschine zu sein. Auf die Daten des Data Warehouse setzt man ein Tool für das CRM Kampagnenmanagement und selektiert den Experten für die Kampagne mit den neuen Funktionalitäten zur Maschine seines Interesses.

Ist der Einsatz einer CDP als zusätzliches Tool zu DWH plus CRM Kampagnenmanagement nicht wirtschaftlich sinnvoll, dann geht die Kampagne zur Ausführung direkt in das Email Marketing System, die Call Center Software, den Mobile Service oder das Druckband für das Printmailing.

Über die Autorin: Petra Wotring ist Digital Marketing Specialist bei der Key-Work Consulting GmbH. Mit über 25 Jahren Erfahrung im Direkt-, Online und Handelsmarketing unterstützt sie Unternehmen in der praktischen Umsetzung datengetriebener Geschäftsmodelle, dem Kunden- und Kampagnenmanagement.

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